Meine Tochter aus Haiti
Aus einer Großfamilie kommend, sind Kinder fest in meiner Lebenswelt verankert. Seit ich denken kann wollte ich ein Kind adoptieren, einem Kind eine Zukunft, ein Zuhause mit viel Liebe und eingebettet in die Sicherheit und Geborgenheit einer Familie geben.
Mit Mitte 40 habe ich dann als Single-Frau, mitten im Leben und Beruf stehend, die Erfüllung meines Herzenswunschs gestartet. Seit September 2017 bin ich glückliche Mutter einer wundervollen, bezaubernden Tochter aus Haiti.
Zum Thema Adoption / Auslandsadoption habe ich mich sehr umfangreich informiert, viele intensive Gespräche mit Adoptiveltern, Adoptionsbewerbern, in Überlegung befindlicher Eltern, Adoptionsvermittlungsstellen, dem Jugendamt und diversen anderen Stellen geführt. Vor meiner Entscheidung ein Kind aus Haiti zu adoptieren habe ich u.a. auch ein Informationsseminar bei Help a Child besucht. Hier wurde viel über das Land, die Menschen, die Kultur, die Kinder, die Heime, die unterschiedlichsten Gründe für Eltern ihre Kinder zur Adoption freizugeben berichtet und auch, welche Besonderheit, Herausforderungen diese Kinder aufweisen können. Vor Ort war auch eine Adoptivfamilie, die ein Kleinkind aus Haiti adoptiert hatte. Die Eltern berichteten über ihre Adoptionserfahrung (Prozess, Warten auf das Kind, als das Kind endlich da war, Reaktionen des Umfelds in Deutschland – und ihr grosses Glück, dieses Kind endlich in den Armen halten zu können). In angenehmer Atmosphäre war das Seminar auch eine gute Gelegenheit die Mitarbeiterinnen von Help a Child zu sprechen und einen persönlichen Eindruck zu gewinnen.
Nach reichlicher Abwägung und einem guten Gefühl – Kopf und Herz waren sich einig - habe ich mich für die Auslandsadoption in Haiti über Help a child e.V. – Kinder finden Eltern – entschieden. Nun stand die Zusammenstellung meiner Bewerberakte an. Es waren eine Menge Dokumente, Bestätigungen, beglaubigte, überbeglaubigte Papiere / Nachweise (Geburtsurkunde, Gesundheitszeugnis, Referenzen etc.) erforderlich. Als ich endlich alles zusammengestellt hatte wurde die Akte über Help a Child e.V. in Haiti eingereicht. Dann hieß es für mich Warten. Das Warten hat sehr lange gedauert. Und irgendwann kam dann der lang ersehnte Anruf meiner Ansprechpartnerin bei Help a child e.V. “… ich habe eine schöne Nachricht für Sie. Wir haben einen Kindervorschlag. Es ist ein Mädchen…“. Mein Herz raste wie wild und ich konnte es kaum greifen. Gerade hatte ich die Information bekommen, dass ich Mama werde, eine Tochter bekomme. Die Gefühle waren unbeschreiblich – pures Glück. Mein Herzenswunsch wurde real.
Das Warten auf mein Kind war für mich, obwohl es wirklich lange dauerte, bis ich endlich meine Tochter die Arme schließen konnte, auf großen Teilen der Strecke auszuhalten. Ich glaube dies gelang mir aus zwei Gründen ganz gut. Zum einen hatte ich immer meinen Herzenswunsch vor Augen. Dies bestärkte mich immer wieder durchzuhalten. Zum anderen habe ich meine Familie sowie enge Freunde erst im letzten Drittel des laufenden Adoptionsprozesses eingeweiht und eingebunden. So war es mir möglich, das Warten und die Emotionen, die damit zusammenhängen, weitestgehend zu steuern und mich auch abzulenken.
Die Reisen (Besuchsreise und Abholsreise) waren hochemotional. Nach einer über 30 Stunden andauernden Anreise von Heidelberg nach Port-au-Prince, Haiti, kamen wir um 11 Uhr morgens an, hatten zwei Stunden Zeit, uns frisch zu machen. Dann kam der Fahrer und holte uns ab für den ersten Besuch im Kinderheim. Ich bin heute noch froh, von der langen Reise so übermüdet gewesen zu sein, sonst hätte ich die letzte Stunde bis zum „meine Tochter im Arm halten“ nicht ausgehalten. Als die Heimleiterin mir meine kleine Tochter auf den Arm gab, war alles andere ausgeblendet. Pures Glück! Ich wusste von der ersten Sekunde, als ich sie sah: „Das ist mein Kind! Das ist meine Tochter! Ich liebe sie von ganzem Herzen.“ Ich verbrachte die Tage im Kinderheim und übernachtete dort zeitweise auch. Der Abschied am Ende der Besuchsreise war sehr schwer – zu wissen, dass nun nochmal eine Zeit des Wartens in weiter Ferne ansteht, ungewiss wie lange. Ich habe jedoch immer nach vorne geschaut und mich auf den Tag gefreut, an dem ich meine Tochter für immer in meine Arme schließen kann und wir endlich eine Familie sein werden. Dies hat mich die ganze Zeit getragen. Im September 2017, 4 Monate nach der Besuchsreise, war es dann endlich soweit und ich konnte meine Tochter im Kinderheim in Haiti abholen.
Meine Tochter ist mein grösstes Glück. Ein Geschenk. Den Adoptionsprozess zu gehen war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.